Schwarzafrika als Synonym
Schwarzafrika wird als Synonym für die Länder Afrikas südlich der Sahara verwendet. Darin schwingt eine koloniale Vorstellung von Nordafrika als dem hochentwickelten, weißen Teil des afrikanischen Kontinents (früher »Weißafrika«) und der vermeintlich unterentwickelten, von schwarzen Menschen bewohnten Region mit. Vor diesem Hintergrund sollten wir das Wort Schwarzafrika eigentlich nicht verwenden. Denn in unseren Köpfen kann das Wort «schwarz» in Bezug auf Menschen einen sehr negativen Eindruck erwecken. Deshalb mögen es vor allem gebildete Afrikaner, die bei uns leben, nicht, wenn man bei Menschen mit dunkler Hautfarbe von «Schwarzen» spricht. Dieses Wort wird als abwertend empfunden, da für sie «schwarz» gleichbedeutend mit «Neger» ist.
Auf unserer Reise haben wir aber gemerkt, dass das Wort Schwarzafrika südlich der Sahara gar nicht so negativ besetzt ist, wie wir uns das in Europa vorstellen. So sprechen sie selbst manchmal von Schwarzafrika, wenn sie ihre Heimat meinen. Die Vorstellung, dass jeder Afrikaner, der südlich der Sahara lebt, sich mit dem Wort «schwarz» nicht anfreunden kann, haben wir so kaum erlebt. Wenn man sich gegenseitig von den Unterschieden zwischen Europäern und Afrikanern (südlich der Sahara) vor Ort erzählt, sind wir immer wieder erstaunt, wie stolz sie darauf sind, nicht so hellhäutig zu sein wie wir. Sie sehen darin sogar große Vorteile. So ist mir aufgefallen, dass bei Diskussionen über Fußball (zu der Zeit, als wir dort waren, war gerade der Afrika Cup) uns genau der Unterschied zwischen dem afrikanischen (subsaharischen) Fußball und dem nordafrikanischen Fußball erklärt wurde. Dabei wurde auch von Schwarzafrikanern gesprochen. Dürfen nun Menschen mit dunkler Hautfarbe von Schwarzafrikanern sprechen und wir als Europäer nicht? Wenn Sie von Weißen sprechen, meinen Sie uns als Europäer oder vielleicht sogar Menschen aus Nordafrika.
Um die Doppeldeutigkeit von Schwarzafrika besser zu verstehen und es auch in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, ist für uns das Beispiel «Mauretanien» wichtig. Bei Wikipedia ist folgendes zu lesen:
Mauretanien bildet die Grenze zwischen Weiß- und Schwarzafrika. Es gibt deshalb unter den Ethnien in Mauretanien solche von arabisch-berberischer und solche von schwarzafrikanischer Abstammung.
Die ethnische Unterscheidung der Volksgruppen in Mauretanien schließt die durch den Islam nachempfundene nationale Einheit nicht aus. Die im Süden lebenden Tukulor waren gegen Ende des 8. Jahrhunderts die ersten zum Islam konvertierten Schwarzafrikaner. Sie verbreiteten ihre neue Religion im Gebiet des heutigen Senegal und von dort aus in ganz Westafrika. Die sesshafte Bevölkerung und die Anrainer des Senegalflusses wurden mehr durch die Kolonisierung geprägt und waren der afro-europäischen Kultur viel näher als die Mauren, die eher von der arabischen Welt beeinflusst wurden.
Die Zugehörigkeit zum arabischen und schwarzafrikanischen Kulturkreis war bei der Unabhängigkeit 1960 die offizielle Begründung für eine dem Land zukommende politische Funktion als Bindeglied. Traditionell wird Mauretanien – auch geografisch – gemäß diesen Volksgruppen in das sogenannte Ard al-Bīdān, was „Land der Weißen“ bedeutet, und Ard as-Sūdān, das „Land der Schwarzen“, unterteilt. Diese Begriffe werden abgrenzend, aber nicht abwertend gebraucht.
Vor diesem Hintergrund sei es auch uns erlaubt, das Wort Schwarzafrika zu verwenden. Wir hoffen auch, dass wir mit unseren Berichten über Westafrika dazu beitragen können, dass das Bild, dass wir in unseren Köpfen haben, gar nicht dem entspricht, was man vor Ort (Schwarzafrika) vorfindet. Sicherlich gibt es in Schwarzafrika andere Herausforderungen als in Nordafrika oder gar in Europa. Ein stabiles Geschäftsumfeld ist in Schwarzafrika schwieriger zu finden als in Nordafrika oder Europa. So sind die politischen Systeme nach unserem Muster noch nicht gefestigt und es gibt auch oft Rückschläge, die man als Europäer kaum erklären kann. Unser Denken wird auch in der Familie geprägt, wie es auch in Schwarzafrika der Fall ist. Wenn man in Afrika von Brüdern und Schwestern spricht, dann sind diese sehr oft nur im weitesten Sinne so blutsverwandt, wie wir Europäer uns das vorstellen. Für uns ist klar, dass ein Bruder ein Blutsverwandter sein muss. Im schwarzafrikanischen Denken muss das nicht unbedingt so sein. Das kann auch daran liegen, dass die Ehe nicht so ist wie bei uns! Auch dürfen Männer mehrere Frauen gleichzeitig heiraten, was unserer Denkweise völlig widerspricht.
Aber gerade dieses Gefühl von Brüdern und Schwestern, die in einem Clan zusammenleben, kann das Überleben sichern! Und dieses Überleben ist in Schwarzafrika viel schwieriger als bei uns! Die Tatsache, dass die Familie (Sippe) viel größer ist als bei uns, bedingt eine große Toleranz untereinander. Das bedingt auch eine Offenheit dem anderen gegenüber. Und nun kommen wir als Reisende und treffen auf diese offenherzige und tolerante Kultur! Sehr schnell werden wir in dieses System integriert und man ist sehr schnell der große Bruder oder die große Schwester. Dazu gehört auch, dass uns, wenn wir uns in ihren Kreisen bewegen, nie etwas Böses angetan wird, weil sonst der Familienzusammenhalt nicht mehr gewährleistet wäre. Ich habe schon bei anderen Gelegenheiten geschrieben, wie herzlich und tolerant die Menschen uns begegnen! Deshalb verzichte ich hier auf Beispiele.
Für uns steht fest, wenn wir unterwegs sind, ist das Gefühl, dass uns das Auto aufgebrochen wird, in Europa viel größer als wenn wir in Afrika unterwegs sind. Wir haben sehr oft bei Reisenden erlebt, dass sie, wenn sie den afrikanischen Kontinent betreten, das Gefühl haben, dass hinter jeder Ecke jemand lauert, der ihnen etwas Böses will. Wenn sie sich von den Menschen in Afrika inspirieren lassen, merken sie sehr schnell, dass ihre Ängste und Befürchtungen völlig unbegründet sind. Ich sage nicht, dass in Afrika nichts passieren kann! Ich sage nur, dass es nicht gefährlicher ist als in Europa. Wenn wir uns auf dem Land bewegen, wo die Familienstrukturen noch gelten, sind wir überzeugt, dass man als Reisender kaum in unangenehme Situationen kommt, wenn man die Menschen so respektiert, wie sie sind. Das setzt aber auch voraus, dass der Reisende offen und tolerant ist. Die Menschen in Afrika merken sehr schnell, was für ein Mensch du bist, auch wenn du versuchst, dich hinter deiner Hautfarbe zu verstecken. Beispiele dafür können wir von dieser Reise erzählen. Menschen, die nur sich selbst lieben und andere nur als Werkzeug benutzen, geraten immer wieder in Situationen, in die sie eigentlich gar nicht geraten wollen. Arroganz und Hochmut werden in einer Familienstruktur, oder Sippe, wie sie in Afrika gelebt wird, nicht gerne gesehen. Und solche Menschen bekommen auch nicht den Schutz des Clans.
Wir erinnern uns gerne an die vielen schönen Momente, die wir in Schwarzafrika erleben durften. Wir wurden nie als Fremde angesehen, sondern immer eingeladen, in Ihre Gemeinschaftsstruktur einzutreten, mit Ihnen zu lachen und sich gegenseitig zu unterstützen.