Mauretanien zum Zweiten
Leider bringt es unsere Reise mit sich, dass wir einige Länder zwei- oder dreimal besuchen müssen oder dürfen. So gibt es Strecken, die man lieber fährt und Strecken, die man einfach fährt, um voranzukommen. Ob Mauretanien für uns zu den Hinguckern gehört, können wir leider nicht bestätigen. Es sind aber nicht die Menschen oder gar die Gastfreundschaft die uns davon abhalten das Land eigentlich nur als Durchgangsland zu sehen. Landschaftlich hat Mauretanien neben der Wüstenlandschaft nur im Süden etwas Abwechslung zu bieten. Der Senegal ist der Grenzfuß, der Senegal von Mauretanien trennt und auf beiden Seiten ein großes Naturschutzgebiet umfasst. Durch den Einfluss des tropischen Regens, der in der Regenzeit bis in den Süden Mauretaniens vordringt, ist dieses Gebiet eher grün. Hier fanden wir schon wie auf der Hinfahrt Warzenschweine, viele Vogelarten, die in der Wasserlandschaft ihre Nahrungsgrundlage finden, auch Kühe und Kamele. Für Tier und Mensch gibt dieses Gebiet, das der Fluss Senegal geformt hat, in der Nahrungsbeschaffung mehr Möglichkeiten als dann die folgende karge Landschaft, die sehr schnell in eine Wüste übergeht. Dieses folgende große Gebiet von Mauretanien, das einer Wüste gleicht, wird hauptsächlich von Nomaden bewohnt. Der Lebensunterhalt und die Nahrungsbeschaffung werden immer schwieriger, je weiter man nach Norden kommt.
Die Trockenheit und die Sandverwehungen nehmen zu. In den letzten Jahren fiel der Regen in dieser Region oft nur spärlich oder blieb ganz aus. So frisst sich die Wüste immer weiter nach Süden und bedroht bald auch dort das Überleben. Für die Nomaden wird es immer schwerer, genügend grüne Blätter oder Halme für ihre Ziegen und Kamele zu finden. Die Landflucht nimmt zu und bringt weitere Probleme mit sich. Der ehemals hohe Anteil der Nomaden ist stark zurückgegangen.
Laut Wikipedia lebten 1957 noch 90% der Bevölkerung als Nomaden in Zelten, größere Städte gab es nicht. Dagegen lebten 2020 bereits 55% der Bevölkerung in Städten. Vier Fünftel der Bevölkerung leben auf 15% der Landesfläche, vor allem im Süden.
In Nouakchott spiegeln sich mehr als in anderen Städten die Probleme einer schnellen und unkontrollierten Verstädterung wider. Ursprünglich 1959 als kleines Verwaltungszentrum mit rund 30.000 Einwohnern gegründet, wuchs die Stadt bereits 1970 auf über 40.000 Einwohner an und verzeichnete in den 1970er Jahren ein jährliches Wachstum von 15 bis 20 %. Dieses rasante Wachstum setzt sich auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts fort: 2013 zählte die Stadt fast eine Million Einwohner.
Nach dem Grenzübertritt von Mauretanien fuhren wir auf direktem Weg nach Nouakchott. Wer diese Stadt «Nouakchott» als Reisender erleben will, muss neben guten Fahrkünsten mit dem Auto auch viel Toleranz in Bezug auf die Infrastruktur, wie das Bild der Müllentsorgung zeigt, mitbringen. Zur Abwechslung gibt es aber auch Straßen, die bis weit in die Wüste hinein zweispurig mit Straßenlaternen ausgebaut sind. Leider trifft man in der Hauptstadt meist auf ein Gewirr von Naturstraßen mit Kreuzungen, die man kaum im Schritttempo befahren kann. Bodenwellen mit einer Tiefe von 0,5 m oder Wälle mit den gleichen Ausmaßen gehören in dieser Stadt zum Alltag. Diese Wälle können so gestaltet sein, dass ein Fahrzeug unweigerlich in der Mitte aufsetzt. Zum Glück wussten wir schon, wo unser Übernachtungsplatz war, so dass wir dem Straßengewirr schnell entkommen konnten.
Wind, Sand und schlechte Sicht durch den Staub in der Luft waren unsere ständigen Begleiter auf dem Weg von Mauretanien in die Westsahara. Ab und zu ein paar kleine Siedlungen und Menschen, die zusammengekauert auf dem Boden saßen, das war das Bild, das wir diesmal zu sehen bekamen. Die einzige Abwechslung waren die vielen Kontrollen, ganz unterschiedlicher Behörden, die uns auf dem Weg begegneten. Diese waren dazu da, sogenannte «Fiches» von den Touristen einzusammeln. Wozu diese Fiche mit unseren Daten gut sein sollen, konnten wir bis heute nicht herausfinden. Vielleicht bekommen die vielen fleißigen Beamten eine Gehaltszulage, wenn sie möglichst viele Zettel einsammeln. Wir glauben kaum, dass sich jemand die Mühe macht, alle Zettel in einen PC einzugeben, um die Routen der Touristen zu kontrollieren. Wir mussten für die Strecke von 680 km ca. 16 solcher Zettel abgeben. Das eine solche Fahrt von sandsturmähnlichem Wetter begleitet wird, konnte bei uns nicht zu Freudensprüngen führen.
Da Mauretanien sich als islamisches Land bezeichnet, ist Alkohol verboten und wird an der Grenze auch kontrolliert. So ist ein Restaurantbesuch nicht unbedingt ein «Muss», um die trockene und sandige Kehle zu befeuchten. Nur Tee oder Wasser zum Abendessen nach einer sehr langen Fahrt konnte die Lust auf ein Bier nicht stillen. Sand und Staub mussten mit einer Cola heruntergespült werden.
Nur der Strand von Nouakchott war, wie schon bei der Abfahrt, eine Attraktion. Die bunten Fischerboote und die Menschen, die fröhlich am Strand spazieren gehen, sind eine Abwechslung zu der Einöde der Fahrt, die wir erlebt haben.
Weiter und kühler wurde es mit jedem Kilometer, den wir nach Norden fuhren. Irgendwie überkam mich eine Art Melancholie, warum ich nicht länger im Senegal geblieben bin. Die Gedanken schweiften während der Fahrt ab, sehr oft wieder zu «Schwarzafrika». An die glücklichen Erlebnisse, das Lächeln der Menschen und die Herzlichkeit, die wir dort erleben durften. Warum mussten wir schon wieder die Heimreise antreten, warum konnten wir nicht noch etwas länger südlich der Sahara bleiben? So viele gute und nette Menschen durften wir kennenlernen! Ich werde an dieser Stelle noch ein paar Geschichten und Erlebnisse aufschreiben, die wir auf unserer Reise durch das Land südlich der Sahara erleben durften. Die Erlebnisse mit den Menschen machen das Reisen so interessant und es lohnt sich darüber zu schreiben.